Pflege- und Bildungsverständnis und pädagogisch-didaktische Leitlinie
Pflegeverständnis
Professionelle Pflege ist die personenbezogene, fachkundige Versorgung eines Menschen und seiner Bezugspersonen, dessen Selbstversorgungsfähigkeiten auf Grund von Gesundheitsproblemen eingeschränkt oder nicht mehr vorhanden sind.
Professionelle Pflege erfolgt unter Berücksichtigung individueller, biopsychologischer und soziokultureller Faktoren, Rahmenbedingungen und Ressourcen, welche regelmäßig konstruktiv-kritisch reflektiert werden. Sie basiert auf den Grund- und Menschenrechten. Professionelle Pflege stärkt die Ressourcen der Zu-Pflegenden und deren Selbstverantwortung bei der Selbstpflege.
Professionelle Pflege umfasst die Bandbreite gesundheitsfördernder, erzieherischer, beratender und präventiver, kurativer sowie rehabilitativer Interventionen mit dem Ziel der Versorgung bei Krankheit, in gesundheitlichen Krisensituationen und der individuellen palliativen Pflege bis zum Tod.
Wir sehen professionelle Pflege
- als persönliche Beziehung zwischen Pflegenden, Zu-Pflegenden und sozialem Umfeld (interaktive Dimension von Pflege)
- als eine Beziehung mit unmittelbarer Nähe zum Körper eines anderen fremden Menschen, zu dessen körperlichem, seelischem und sozialem Leid sowie der möglichen Genesung (körperlich-taktile Dimension von Pflege)
- als Ausdruck der Förderung von Selbstständigkeit, Selbstpflegepotentialen und Ge-sundheitsressourcen, als Unterstützung bei der Bewältigung des Lebensalltags, als Begleitung bei Leiden, Kontroll- und Autonomieverlust und beim Sterben (existentielle Dimension von Pflege)
- als Arbeit mit technisch-instrumentellen, apparativen Komponenten (technische Dimension von Pflege)
- als Beratung, Begleitung und Anleitung von Zu-Pflegenden und Pflegenden (pädagogische Dimension von Pflege)
- als Beruf in veränderten und sich verändernden historisch-gesellschaftlichen Kontexten (historisch-gesellschaftliche Dimension von Pflege) und
- als einen Beruf mit modifizierten bzw. neuen und sich weiter wandelnden Anforderungen, Aufgaben und Rollen (professionsbezogene Dimension von Pflege).
Bildungsverständnis
Auch die berufliche Welt verändert sich zunehmend schneller, so dass die Gesundheits- und Krankenpflegeschülerinnen ihre persönlich relevante Berufswelt nicht ein für alle Mal lernen könnten. Es gibt keine „abgeschlossene (berufliche) Bildung".
Darüber hinaus lernen nicht nur Individuen, sondern auch Organisationen wie Krankenhäuser, Pflegeinrichtungen und vor allem Bildungseinrichtungen. Dabei erreichen wir die Bereitstellung und Weiterentwicklung von Wissen über die Weitergabe hinaus.
Wenn neues Wissen aus der Reflexion der Praxis entsteht, ist es entscheidend, dass die, mit der Anwendung des Wissens gemachten Erfahrungen wieder in die Institutionen zurückgeführt werden und so die neue Wissensbasis weiterentwickelt werden kann. Darin liegen neue Anforderungen an die Ausbildung in den Pflegeberufen:
In einer Gesellschaft mit hohen Innovationszyklen, in der das vorhandene Wissen schnell verfällt, gilt es wir eine Vielzahl an berufsbezogenen und übergreifenden Kompetenzen zu vermitteln, die zur Bewältigung unterschiedlicher, sich wandelnder beruflicher Anforderungen sowie zu einer aktiven Gestaltung des beruflichen Alltags befähigt. Dazu geben wir der Förderung der Persönlichkeitsentwicklung einen hohen Stellenwert.
Die Ausgangsposition dieses ganzheitlichen Bildungsverständnisses :
- Gesundheits- und Krankenpflegeschülerinnen wollen lernen und sich selbst entwickeln, um als Pflegende verantwortungsvoll und fachkompetent Zu-Pflegende unterstützen und beraten zu können. Zum gelingenden Lernen gehören neben Disziplin, Fleiß, Interesse und Aktivität auch Freude, Wertschätzung, Akzeptanz und Humor.
- Lernprozesse werden so geplant und gestaltet, dass die Gesundheits- und Krankenpflegeschülerinnen als aktiv und kritisch Lernende in ihrer Handlungskompetenz gestärkt werden. Diese Stärkung muss sowohl durch eine Förderung der individuellen Stärken und Ressourcen als auch durch Forderung von Arbeitsverhalten und Leistungen erfolgen, wobei die Eigenverantwortung für das eigene Lernen eine große Rolle spielt. Dieses Ziel erfordert Lernsituationen, in denen die Fragen, Erfahrungen und Probleme der Auszubildenden eine tragende Rolle spielen, um den Erwerb von Fähigkeiten, Einstellungen und Strategien als umfassende berufliche und persönliche Kompetenzen zu fördern. Der Bildungsbegriff des modernen vernetzten und komplexen Denkens ist hier angemessen, welcher die Schlüsselkompetenzen fachlicher, methodischer, sozial-kommunikativer und personaler Art umfasst. Mit diesem Bildungsverständnis öffnen wir uns für die Durchlässigkeit, Vernetzung und Akademisierung der pflegerischen Aus-, Fort- und Weiterbildung.
PÄDAGOGISCH-DIDAKTISCHE LEITLINIE - SCHLÜSSELKOMPETENZEN
Durch die Wichtigkeit einer umfassenden beruflichen und persönlichen Qualifizierung orientieren wir uns am Konzept der Schlüsselkompetenzen, welche an unserer Schule gefördert und gefordert werden.
FACHLICHE KOMPETENZ
Hierzu zählen alle Einsichten, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die erforderlich sind, Pflegekonzepte zu kennen, anzuwenden und ggf. weiterzuentwickeln, dass sie der jeweiligen Situation des Pflegebedürftigen, seiner Gesundung und Selbstständigkeit, Aktivierung oder Schonung, seiner Gebrechlichkeit oder seinem bevorstehenden Tod entsprechen.
Weiterhin sollen Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/innen lernen, die traditionell asymmetrischen Strukturen der helfenden Beziehung kritisch zu hinterfragen.
Sie sollen die Pflegebedürftige in ihren sozialen Lebensbezügen sehen und insbesondere vorhandene (Selbstpflege-) Ressourcen der Pflegebedürftigen und der jeweiligen Lebensumwelt suchen und stärken.
Den Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/innen sollen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten vermittelt werden, die es ihnen ermöglichen, zu beraten und anzuleiten sowie in krankheits- oder altersspezifischen Krisensituationen gezielt zu intervenieren bzw. diese durch vorbeugende Maßnahmen möglichst zu verhindern.
SOZIAL-KOMMUNIKATIVE KOMPETENZ
Die Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/innen sollen in der Fähigkeit gestärkt werden, professionelle Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, zu halten und zu beenden. Ein weiteres Ziel liegt darin zu lernen, die Welt des Pflegebedürftigen bzw. der Patientin zu verstehen und deren Perspektive übernehmen zu können.
Die Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/innen lernen, ihre empathischen Fähigkeiten auf- bzw. auszubauen.
Des Weiteren sollen die Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/innen in ihrer Konfliktfähigkeit, ihrer (Selbst-) Kritikfähigkeit sowie Frustrationstoleranz gestärkt werden.
METHODISCHE KOMPETENZ
Die Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/innen müssen lernen, Informationen einzuholen und zu verarbeiten, Entscheidungen zu treffen, Prioritäten zu setzen sowie Probleme gezielt und systematisch zu bearbeiten. In diesem Zusammenhang kommen kognitiven Fähigkeiten wie dem analytischen, vorausschauenden und abstrahierenden Denken sowie der Problemlösungs- und Beurteilungsfähigkeit eine wichtige Bedeutung zu.
Die notwendigen Strategien und Einsichten sind als Teil des „lebenslangen Lernen des Lernens“ zu vermitteln.
PERSONALE KOMPETENZ
Die Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/innen sind hinsichtlich der zu erwartenden beruflichen und persönlichen Belastungen persönlich zu stärken. Es wird das Bewusstsein gefördert, dass die pflegerische Arbeit häufig unmittelbare Nähe zum Körper eines fremden Menschen, zu dessen körperlichem, seelischem und sozialem Leid bedeutet. Sie ist Nähe zum Altwerden, zum Unheilbar-krank-Sein, zum Behindert-Sein und zum Sterben.
Es ist ein zentraler Bestandteil personaler Kompetenz, sich selbst darauf einlassen und gleichzeitig vor den Belastungen schützen zu können, ohne den anderen zu einem „Routineobjekt“ werden zu lassen, also eine gute Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden.
Hierzu gehört auch, dass die Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/innen ihre persönliche Haltung zu existentiellen und ethischen Fragen reflektieren und klären.
Weiterhin müssen die Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/innen durch Selbstreflexion und konstruktives Feedback lernen, die Wirkung ihrer eigenen Person bei der Pflege bzw. im Umgang mit Kolleginnen einzuschätzen und zu berücksichtigen.