Dienstag, 27.02.2024

St. Bernhard-Hospital arbeitet mit diesem modernen Verfahren: Katheter-Lyse-Therapie rettete Embolie-Patienten das Leben

Plötzlich keine Luft mehr zu bekommen – das ist eine Horrorvorstellung. Winfried Herold hat genau das erlebt. Nachdem der 81-Jährige schon einige Wochen lang das Gefühl gehabt hatte, er könne nicht richtig atmen, wurde seine Luftnot dann irgendwann so schlimm, dass er in die Notaufnahme des St. Bernhard-Hospitals gebracht wurde. Gerade noch rechtzeitig, denn er hatte eine Lungenembolie. Eine Verstopfung von Lungengefäßen durch ein Blutgerinnsel, die ohne schnelle Behandlung tödlich enden kann ...

Winfried Herold (2. v. li.) besuchte das Team im Herz-Katheter-Labor (v. li.): Oberarzt Nedall Zalloum, Chefarzt Dr. Klaus Kattenbeck, Sarah Schepers (Medizinische Fachangestellte) und Pflegefachkraft Julia Hanisch.

In der Medizinischen Klinik II für Kardiologie, Angiologie und Pulmologie des Kamp-Lintforter Krankenhauses bekam Winfried Herold die passende Hilfe. Dank einer neuen und modernen Behandlungsmethode geht es dem Patienten heute wieder gut. „Ultraschallgestützte Katheter-Lyse-Therapie“ heißt das Verfahren, mit dem ihm geholfen werden konnte. Das St. Bernhard-Hospital ist bislang das erste Haus in der Region, das diese Behandlung anbietet.

Blutgerinnsel wandert durch den Körper

Ihren Anfang nimmt eine Lungenembolie meist im Unterschenkel, erklärt Kardiologie-Oberarzt Nedall Zalloum, der auch Winfried Herold behandelt hat. Nach langem Liegen oder Reisen ohne viel Bewegung, aber oft auch durch genetische Veranlagung kann sich dort in einer Vene ein Blutgerinnsel bilden – eine Thrombose. Dieses Blutgerinnsel – der Thrombus – bleibt aber nicht immer an der Stelle, an der es entstanden ist, sondern kann durch die Blutgefäße auch durch den Körper wandern.

Bewegt sich ein Thrombus bis in die Lunge und verstopft dort ein Gefäß, spricht man von einer Embolie. Die Folge: der Patient bekommt Luftnot und erleidet Sauerstoffmangel, der Blutdruck sinkt ab, die Herzfrequenz steigt. Kreislaufprobleme und Bewusstlosigkeit sind weitere mögliche Folgen. Im schlimmsten Fall kann so eine Embolie tödlich enden.

Schnelle Hilfe ist lebenswichtig

„Wichtig ist, dass dem Patienten möglichst schnell geholfen wird, um die Sauerstoffversorgung wieder herzustellen“, weiß Nedall Zalloum. Das Tückische: „Eine Embolie ist schwer zu diagnostizieren“, so der Internist und Kardiologe weiter. Bei Winfried Herold gelang es durch eine umfangreiche körperliche Untersuchung sowie durch Laboruntersuchungen, Ultraschall und Gespräche mit dem Patienten. „Das EKG war auffällig, das Ultraschallbild zeigte eine vergrößerte rechte Herzkammer, was typisch ist. Auch die Laborwerte deuteten auf einen Gerinnungsprozess im Körper hin“, berichtet Nedall Zalloum. Als erste Behandlungsmaßnahme bekam der Patient daraufhin Heparin, ein Mittel zur Blutverdünnung.

„Wir konnten ihm dann aber mit der Katheter-Lyse-Therapie noch viel zielgerichteter helfen“, erklärt der behandelnde Oberarzt weiter. Durch eine CT-Untersuchung wird bei dieser modernen Behandlungsmethode zunächst geprüft, wo genau das Blutgerinnsel sich befindet und ob es weitere Gerinnsel im Bereich der Leiste gibt, beschreibt Nedall Zalloum. Meist parallel dazu werden die Unterschenkel per Ultraschall untersucht. „Diese vorbereitenden Kontrollen sind wichtig, damit wir nicht mit dem Katheter mögliche weitere Gerinnsel in die Lunge schieben“, erklärt der Oberarzt.

Patient spürt keine Schmerzen

Sind die Blutgefäße frei, wird ein Katheter im Bereich der Leiste gesetzt und dadurch ein Draht bis direkt in das Blutgerinnsel hinein geschoben. Darüber wird dem Patienten dann ganz gezielt und lokal ein Medikament verabreicht – die sogenannte Lyse.

Dieses Prozedere wird von einer Ultraschall-Behandung begleitet. „Die Ultraschall-Signale lockern den Thrombus und machen ihn instabil“, erläutert Nedall Zalloum den Hintergrund. „Die Lyse sorgt dann dafür, dass er schmilzt und kleiner wird.“ Die Behandlung dauert insgesamt rund sechs Stunden. Der Patient ist dabei wach und verspürt keine Schmerzen. Nach wenigen Stunden wird die Luftnot geringer, die Sauerstoffsättigung steigt, Herz- und Atemfrequenz normalisieren sich.

Blutverdünner sind anschließend notwendig

„Das Gerinnsel ist nach der sechsstündigen Behandlung noch nicht komplett verschwunden“, macht der Arzt aber deutlich. „Es ist allerdings um einiges kleiner und hat sich im besten Fall weiter bewegt, sodass es nicht mehr ein Hauptsegment der Lunge blockiert, sondern höchstens ein Nebensegment.“ Blutverdünnende Mittel müssen die betroffenen Patienten anschließend dennoch nehmen. Manche drei bis sechs Monate lang, andere ihr gesamtes weiteres Leben lang.

Auch Winfried Herold nimmt diese blutverdünnenden Medikamente noch. Dem 81-Jährigen geht es aber wieder gut – und er kann vor allem dank der erfolgreichen Behandlung im St. Bernhard-Hospital wieder entspannt durchatmen.