Montag, 30.08.2021

Helfen in den Katastrophengebieten - Wir schaffen das!

Das Helferteam im Überflutungsgebiet.

Uns alle haben die schrecklichen Bilder aus den Überschwemmungsgebieten und die Not der Menschen schockiert und die Verwundbarkeit unserer Gesellschaft mit all ihrer modernen Technik bewusst gemacht.

Tief betroffen von der Not der Menschen und emotional aufgewühlt, haben meine Nachbarn und ich beschlossen, Hilfe vor Ort zu leisten. So fuhren 10 Personen mit vollgepackten Autos und Anhängern, die Werkzeug, Stromaggregate, Hochdruckreiniger, Pumpen und diverse andere Sachen geladen hatten, am Sonntag den 18. Juli  nach Bad Neuenahr Ahrweiler und am darauffolgenden Sonntag nach Sinzig.

Schon die Anreise in die Notgebiete war unbeschreiblich. Die Bilder in den Medien und Nachrichten sind das Eine,  aber die Realität vor Ort ist um ein vielfaches drastischer. Der direkte Kontakt mit den betroffenen Menschen, deren unglaubliche Traumatisierung und die teilweise Unfähigkeit, das Geschehene zu begreifen, hat uns alle sehr berührt.

Vor Ort taten wir uns mit anderen Helfern und freiwilligen Feuerwehreinheiten aus ganz Deutschland zusammen, um Schlammmassen aus den Kellern und Häusern zu schaffen. Die einzige Möglichkeit ,dies zu bewerkstelligen, waren lange Helferreihen, die eine Eimerkette bildeten und so Schlammeimer für Schlammeimer nach draußen schafften. Auch mussten aus den Wohnungen und Häuser die zerstörten Möbel, Haushaltsgeräte und Bodenbeläge entfernt werden.

In Sinzig kam es dann zu einem persönlichen Ereignis , das ich nie vergessen werde und am liebsten allen Politikern bekannt machen würde. Nachdem wir konzentriert in einer Eimerkette arbeiteten, tauchte eine Gruppe von ca. 15 syrischen Kriegsflüchtlingen auf und sprach uns an, ob sie sich unserer Gruppe anschließen und uns helfen dürften. Sie hatten sich spontan über soziale Netzwerke zusammengeschlossen, kamen aus ganz Deutschland und trafen sich vor Ort in Sinzig, um zu helfen. Wie sie mir berichteten, sehe es im kriegszerstörten Syrien überall so wie in den betroffenen Katastrophengebieten in Deutschland aus und sie könnten daher die Not und Gefühle der deutschen Opfer sehr gut verstehen. Sie wollten aus Dankbarkeit, dass sie als Kriegsflüchtlinge in Deutschland ein Bleibe gefunden haben, helfen und mitarbeiten. Der Elan und die Ausdauer der sich uns anschließenden Gruppe hat mich sehr beeindruckt .

Die Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten werden aus meiner Sicht Monate und zum Teil Jahre brauchen. Teile der Infrastruktur sind vollständig zerstört. Schwierig und problematisch für die Betroffenen wird sicher der Zeitpunkt werden, wenn die ersten notwendigen Arbeiten erledigt sind und sich dadurch mehr Zeit ergibt, über das Erlebte und das eigene Unglück nachzudenken und dies zu verarbeiten.   
                                                       
Auch die Angst der Opfer, dass nach einer gewissen „Gewöhnungsphase“ ein Vergessen der Not und Hilfsbedürftigkeit einsetzt, sollte uns immer präsent bleiben. Die erlebte Solidarität und zupackende Hilfe der vielen freiwilligen Helfer vor Ort hat mich jedoch felsenfest davon überzeugt: „Wir schaffen das !“

Dr. Gunnar Nolden (Text u. Fotos)